Zum Tod von Chris Bailey.

Zum Tod von Chris Bailey.

Chris Bailey hatte ich noch nicht auf dem Zettel. Doch am 9. April ist er verstorben. Ich habe erst heute davon erfahren, durch einen Post eines Bekannten, selbstredend ein Fan der Saints. Chris Bailey wurde 65 Jahre alt, war also gerade mal 10 Jahre älter als ich heute. Die Saints traten Ende der 70er, Anfang der 80er in mein Leben. Ich war so 12 oder 13 und ging gerne zum Quelle in die Duisburger Altstadt, weil es dort im Keller eine HiFi-Abteilung gab, mit einer bescheidenen Phono-Ecke, wie das damals hieß. In dieser Ecke stand eine Kiste – von uns, also Tom und mir – immer „Billo-Box“ genannt, in der es Schallplatten zu 1,99 oder 2,99 DM zu kaufen gab. In der Regel waren das noch original verschweißte Scheiben, die aber keine Abnehmer fanden und daher als Cut-Out den Weg in diese Kiste fanden. So kaufte ich dort zum Beispiel Jimmy Castor Bunch, New World und Nine Days Wonder. Einen Tag jedoch werde ich nie vergessen, ich kaufte dort das Album „I’m Stranded“ der Saints und „Machine Gun Etiquette“ von den Damned, je zu 2,99 DM, in Summe also zu 5,98 DM. Ein Glückstag, den ich in meinem Roman „Gitarrenblut“ ausführlicher beschrieben habe.

„I’m Stranded“ war mein Album. Diese rohe Power, diese aus heutiger Sicht völlig unterirdische Produktion, die Songs. Ich liebte jede Sekunde der Platte und tue es noch heute. Chris Bailey ist mir sofort ans Herz gewachsen, weil er einfach ein Sänger war. Ein Sänger mit sehr eigener Stimme, die sofort mein Herz erreichte. Ein Sänger wie Nikki Sudden, ein Sänger wie Jeffrey Lee Pierce. Er war kein Schreihals, wie man das später vom amerikanischen Hardcore so um die Ohren gebrüllt bekam. Selbst wenn er „Kissin’ Cousins“ in atemberaubendem Tempo sang, schwang immer diese Wärme mit. Die zweite Platte der Saints „Eternally Yours“ von 1978 hätte eigentlich der internationale Durchbruch sein müssen. Die Band befand sich auf Champions-Liga-Niveau und somit auf Augenhöhe mit den Clash, mit Iggy, mit den Pistols, die 1978 schon auseinanderbrachen. Es kam anders.

Mit dem dritten Album verloren die Punks das Interesse, das vierte war schon eine Chris Bailey Soloscheibe mit neuen Musikern und das fünfte wieder ganz anders. Dennoch muss man natürlich die ersten fünf Scheiben haben!

Ich weiß nicht, wie viele Stunden die Saints an mein Ohr brandeten. Es müssen derer etliche gewesen sein. Mit meiner Band Jimmy Keith & his Shocky Horrors haben wir sogar mal „Know Your Product“ für einen internationalen Saints-Tribute-Sampler eingespielt, den heute keiner mehr kennt. Kam in Japan raus, glaube ich, ich habe nie eine Copy bekommen. Anyway. Für mich war Chris Bailey einer der ganz Großen. Seine Stimme hatte Soul – etwas sehr Besonderes. Und hier noch einmal die Nummer, mit der für mich alles los ging: