Zum Tod von Charlie Watts

Zum Tod von Charlie Watts

Oberpichlers Platte der Woche: The Rolling Stones – Get Yer Ya-Ya’s Out

Als ich gestern Abend vom Laden zurück nach Hause gefahren bin, wurde im Radio durchgegeben, dass Charlie Watts gestorben ist. Damit ist die Welt um eine Ikone des rhythm-and-bluesigen Rock and Rolls ärmer. Charlie war neben Ringo und Keith sicher der bekannteste Drummer seiner Zeit. Das lag einerseits daran, dass er in einer der größten Bands aller Zeiten den Takt angab, andererseits aber auch an seiner nahezu unauffälligen Art. Charlie der Gentleman. Charlie der Nobleman. Charlie der Jazzer. Charlie, der sich im typisch englischen Tweed zeigte. Charlie, der sich bereits im völlig durchgeknallten Rock and Roll Zirkus der 60er wie ein Lord benahm, ohne einen Anflug von Arroganz zu versprühen.

Charlie war da, machte seinen Job unaufgeregt und ließ Mick und Keith vor sich herumtanzen und Faxen machen. Aber auch der Charlie, der dann still und leise in die Heroinsucht schlitterte, wenn man den Biografen glauben darf. Dennoch der Charlie, der mehr als 50 Jahre mit der gleichen Frau verheiratet war und dem man solche körperlichen Exzesse wie Mick und Keith sie vorführten, nicht zugetraut hätte.

Dieser Charlie ist nun in das Reich aufgestiegen, das nach dem irdischen Dasein auf uns wartet. Maybe. Sein Leben auf diesem Planeten hier war reich an Höhepunkten. Wer knapp 60 Jahre mit den Rolling Stones unterwegs war, braucht sich sicherlich nicht über Langeweile und Erfolglosigkeit beschweren. Charlie hat das alles gehabt, die Tourneen, die Hits, später dann auch die große Kohle. Die swinging Sixties, die sucking Seventies, die strangen Eighties, die neutönenden Nineties, die belanglosen Nuller, die noch belangloseren zehner Jahre. Und immer war er an der Seite der dann doch größten Band der Welt.

Zuletzt machte die Gesundheit nicht mehr mit und erste Auftritte wurden ohne Charlie angesetzt. Technisch guten Ersatz wird man an vielen Ecken finden. Aber Persönlichkeiten wie Charlie sind selten geworden in einer Welt, in der allzu oft nur auf den schnellen Erfolg geschielt wird, in der Stil zu einem Modebegriff verkommen ist und nichts mehr mit der Art sein Leben zu meistern zu tun hat. Eine Persönlichkeit aus einer Zeit, in der das Schlagzeugspiel dem Song optimal dienen durfte und nicht tausend Tricks in einer Minute abspulen musste. Charlie, we miss you. Und zwar schon jetzt. Danke Charlie.

Und „Get Yer Ya-Ya’s Out”? Ja, eben.